P!nk schwebte durch das Letzigrund

Konzertkritik: P!nk im Letzigrund
Bildquelle: 
Bäckstage / © Joe Bürgi

Wenn man verschiedene Jobs hat, wie das als Journalist oder generell heutzutage gut mal sein kann, kommt man nicht immer pünktlich beim einen Arbeitsort weg, um zum anderen zu eilen.

 

Genau das ist mir passiert.

 

Ich stand an der Busstation Letzigrund, direkt vor dem Stadion in Zürich Altstetten, hörte Stimmen, oder Klänge, konnte aber nicht genau einordnen, ob das Konzert bereits begonnen hatte, die Vorband spielte oder Unterhaltungsmusik eingeschaltet wurde. Ein so grosser Act würde doch nie im Leben pünktlich beginnen, dachte ich noch. Doch genau das tat P!nk, sie stand pünktlich auf der Letzigrund Bühne und eröffnete mit «Get The Party Started».

 

Das Letzigrund ist im Grössenverhältnis nicht das Hallenstadion, darum machte ich mich im Stadion mit über 45‘000 Plätzen erstmal auf die Suche nach dem richtigen Platz. P!nks Stimme begleitete mich dabei nur dumpf und weit weg, um mich herum rannten Fans, die ebenfalls verloren schienen, auf der Suche nach ihrem Platz. Nach etwas hin und her, fand ich meinen und die von aussen dumpfe Stimme, brachte mich jetzt sofort zum Erstarren. Kräftig, kratzig und vor allem echt.

 

Fotos: Bäckstage / © Joe Bürgi (eventsandconcerts.ch

 

Zwei riesige Screens in Herzform, links und rechts der Bühne arrangiert, zeigten die Amerikanerin und ihre diversen Tänzerinnen und Tänzer sowie die Liveband in Grossformat. Die Deko - natürlich standesgemäss in pink – bildete Schauwerte. Von wachsweich wirkenden Laternenpfosten bis zum Kronleuchter als Turngerät oder dem samtenen Sofa, für das kurze Räkeln zwischendurch; P!nk hat so ziemlich alle Register gezogen. Das darf man von P!nk inzwischen durchaus erwarten, denn sie hat auf den letzten Tourneen die Messlatte gleich selbst hoch angelegt. So sind ihre Shows längst ein Mix aus Konzert und akrobatischer Inszenierung. 

 

P!nk rockte am Dienstagabend die Bühne nicht alleine. Beim Song «Give Me A reason» begleitete sie der Leadsänger der Band Fun, Nate Ruess. Aber nicht nur. Im Letzigrund mit dabei war auch der 30-jährige US-amerikanische Singer/Songwriter Wrable. Zusammen performten sie den Song «90 Days». In diesem Song geht es um unglückliche Beziehungen. Die Atmosphäre war erdrückend traurig, aber irgendwie doch romantisch. Die sentimentale Stimmung war aber noch lange nicht vorbei. Die zweifache Mutter stand hinter dem Mikrofon und sagte: «Wenn du heute Abend der Person neben dir etwas ins Ohr singen möchtest, ist das der richtige Moment. Something in the way you roll your eyes.» Es folgt «Walk Me Home» in einer akustischen Version. Diesen gefühlsvollen Moment genoss das Publikum sichtlich, die einen sangen mit, die andern schlossen ihre Augen. Den emotionale Moment verstärkte P!nk, indem sie von der Bühne stieg und ihre Fans in der Front Row umarmte, Autogramme gab und sie anlachte. Die 39-jährige Musikerin nahm sich dafür viel Zeit. Wenig später heiterte die Künstlerin mit dem Song «Raise Your Glass» aus dem Album «My Daughter Is Beautiful» ihre Fans aber schon wieder auf. Es wurde getanzt, getobt, gesungen.

 

Doch dann blies P!nk, die Frau des Cross-Country-Bikers Carey Hart, das Publikum mit dem Song «Blow Me» um. Das war noch nicht genug. An jedem Konzert macht P!nk etwas Extremes.

 

Saltos im Letzigrund 

 

Obwohl die seit 1998 aktive Musikerin vor neun Jahren in Nürnberg von der Bühne fiel, als sie sich an Seile spannen liess, segelte Sie sie im Letzigrund während der Zugabe durch das halbe Stadion über das Publikum hinweg. An vier Seilen befestigt und in einem grün glänzenden Overall machte P!nk Saltos in den Lüften des Letzigrund Stadions und sang dabei «So What.» Kein Song hätte dazu besser gepasst.

 

Wenig später – nach «Glitter In The Air» als Abschluss - erloschen die herzförmigen Bildschirme am Rande der Bühne, nachdem sie P!nks beider Kinder einfingen, die aufgeregt auf ihre Power Mami zu rannten und sie umarmten. 

 

Eine Powerfrau. Aber nicht nur, P!nk ist eine von uns, auf der Bühne strahlte sie und wirkte als würde sie es von Herzen tun. Es war nicht nur ihr Strahlen, ihre Authentizität, die das Konzert ausmachten. Es war auch ihre unglaubliche Energie und ihre wunderbare, kratzige und starke Stimme.

 

Valeria Piediscalzi / Do, 01. Aug 2019